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Hexenverbrennung - eine Transformation
21.06.2014

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Hexenverbrennung – eine Transformation

(Gedanken zur Perfomance vom 21. Juni 2014)

Die Hexe ist eine Vertreterin einer alten, erdbezogenen Kultur, in welcher eine ganzheitliche Beziehung der Menschen zu Natur und Kosmos bestand. Diese ganzheitliche Beziehung und Verbindung mit den Lebenskräften in der Tiefe bewirkte eine magische Dimension des Seins und des Handelns.
Die Hexen des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren Relikte einer zurückgedrängten, früheren Kultur, großteils nach wie vor vertraut mit den Geheimnissen der Natur und des Kosmos, jedoch zunehmend dämonisiert vom herrschenden System. Die Dämonisierung brachte und bringt wohl punktuell auch Missbrauch hervor, jedenfalls auch Degeneration und Werte-Umpolung.

Wenn ich künstlerisch das Bild der Hexe aufgreife, so fließen darin verschiedene Phänomene und Konzepte zusammen. Augenscheinlich in meiner Hexenverkörperung durch die „Rote Figur“ ist das Thema Sexualität, weibliche, ekstatische Sexualität – zur Zeit der Hexenverbrennungen ein doppeltes Tabu, und gerade deshalb in männlichen und wohl auch weiblichen Phantasien den Hexen unterstellt – meist in Zusammenhang mit dem Teufel als Sexualpartner. Die Ähnlichkeit der bocksfüßigen Teufelsvorstellung dieser Epoche mit Pan, dem Gott der Natur im Altertum, ist nicht zu übersehen. Die Frau als Verkörperung der schöpferischen und ekstatischen Naturkräfte, als „Trägerin der Kraft der unteren Reiche“ (Jochen Kirchhoff, Die Erlösung der Natur).

Die Hexe im ausgehenden Mittelalter und der angehenden Neuzeit war eine Projektionsfläche von Schuld, sie war der Sündenbock. Aberglauben und die aufsteigende Intellektualkultur bekämpften sie als Vertreterin der alten, ganzheitlichen Kultur erbittert – mit letalen Auswirkungen für etwa mehrere hunderttausend Menschen über den Zeitraum mehrerer Jahrhunderte hinweg - zu ca. 70% Frauen. Die Opferzahlen von Gefolterten, Gewalt Ausgesetzten und Entrechteten übersteigen die der Todesopfer bei weitem. Die Hexe ist also in der Vorstellung ihrer Verfolger die Täterin, tatsächlich wurde sie aber millionenfach zum Opfer von Wahnvorstellungen, Machtdemonstration, Sadismus und Perversion eines patriarchalen, leibfeindlichen, von der Kirche maßgeblich gesteuerten Gesellschaftssystems.
Die Eigenmächtigkeit des magischen Menschen wird zur Hasszielscheibe eines entmachteten, unterdrückten, und u.a. durch den dreißigjährigen Krieg ausgezehrten Volkes.
Diesem Hass fielen jedoch auch massenweise ganz gewöhnliche Menschen, meist aus niedrigen sozialen Schichten, zum Opfer.

Der Sündenbockmechanismus ist ein sehr alter, und wird u.a. in der Bibel beschrieben. Ein Wesen, Mensch oder Tier, wird mit den „Bösen Geistern“, den Problemen, Krankheiten, Katastrophen eines sozialen Systems, beladen und geopfert, um wieder den „Normalzustand“ bzw. Frieden herzustellen. Das hat sowohl psychologische als auch magische Dimensionen. Über Jahrtausende ist dieses Phänomen ungebrochen wirksam, Nationalsozialismus sowie der Umgang mit völkischen Minderheiten in vielen Ländern noch heute führen uns das schmerzhaft vor Augen. Jedoch auch viele alltägliche Erfahrungen sind schmerzlich davon geprägt. Solange unsere Kinder für Anpassung belohnt und geliebt werden, solange in der Erziehung Fehler als Schuld gesehen werden, wird sich dieses Sündenbockmuster fortschreiben von Generation zu Generation. Auch in unserer heutigen Gesellschaft sind also Kinder mit Eigenschaften, die aus der Reihe tanzen, nach wie vor gefährdet, in eine stigmatisierte Rolle gedrängt zu werden, insbesondere, wenn sie in traumatisierten Familien aufwachsen. Auch narzisstische Prägungen seitens der Eltern führen über Projektion zu einer Einteilung der Kinder bzw. ihrer Eigenschaften, in „gut“ und „böse“...ein Teufelskreis, dem auch mittels lebenslanger (therapeutischer) Aufarbeitung nur schwer zu entkommen ist.

Andererseits bedarf das Magische als Wirkung eines ganzheitlichen Schöpfungsbezugs der Rehabilitierung. Es ist mit Angst besetzt – seitens der Täter und seitens der Opfer, ganz besonders der weiblichen. Die grausame Geschichte hat ein Feld geschaffen, aus dem heraus es großen Mutes bedarf, authentische Wege zur persönlichen Magie zu entwickeln, abseits von sowohl intellektueller Verflachung als auch von pseudospiritueller Vereinnahmung. Die persönliche, authentische Magie mit all ihrer Kreativität halte ich für den Königsweg aus der Sackgasse globaler zerstörerischer Muster hinein in eine neue Größe menschlicher Kultur und Ko-Kreation auf und mit unserem Heimatgestirn.
Die tatsächliche Existenz schwarzmagischer Praktiken soll hier jedoch ebenfalls nicht verschwiegen werden.
Im Bild der „Hexe“ fallen Opfer, Täterprojektion und TäterIn zusammen, wie so oft.

Feuer verbrennt, verzehrt, transformiert. Die sichtbare Form verschwindet, es bleibt davon nur die Asche. Im magischen und archaischen Verständnis jedoch bewirkt das Verbrennen eine Freisetzung der spirituellen Essenz.
Die Hexe wird verbrannt, ihre sichtbare Form verschwindet auf dramatische Art. Mit ihr jedoch wird auch ihre Rolle als Schuldprojektion verbrannt.
Die Texte der Besucher widerspiegeln die ganze Bandbreite menschlicher Haltungen gegenüber dem Phänomen der Hexe, der Außenseiterin, der Wilden Frau, aber auch den Phänomenen von Opfer und Täter und des Sündenbocks, bzw. des Feuers als transformatorischer Kraft.
Die Lieder und das Tönen der Mitwirkenden unterstützen die Freisetzung der Essenz der Hexe, ihren Übergang in eine andere Dimension.

Die rote Farbe ruft in diesem Zusammenhang nach Schwarz und Weiß. Der Schwarze Mann als Zeremonienmeister und als der, der das Feuer entzündet. Selbst eine Täterprojektion und über Jahrhunderte und Jahrtausende Opfer, aber (als Mann) auch Täter. Schwarz als Farbe der Erde und der Transformation.
Die Weißen Sängerinnen, vier an der Zahl, singen Lieder der Anklage, der Trauer, des Übergangs und des Bewusst-Seins. Die Weiße Frau, ursprünglich Repräsentanz der Ungeteiltheit, der Kraft eines neuen Zyklus sowie der Weisheit, ist als einzige von der Kirche im Laufe von deren Entwicklung anerkannte Form von Weiblichkeit übriggeblieben. Der schwarze Transformationsaspekt und schließlich auch der rote Schöpfungs- und Fülleaspekt der Großen dreifachen Göttin der Jungsteinzeit fielen den zunehmend rigoroser und flacher werdenden kirchlichen Vorstellungen zum Opfer.
Vier als die Zahl irdischer Ganzheit markiert den Ort der Verbrennung, den Ort der Tat, der aber ein heiliger Ort ist in diesem Fall. Es ist eine Umdeutung des Mordes in eine Transformation, in ein Opfer. Es tut sich hier u.a. das große Feld ritueller Menschenopfer auf, bis hin zur Selbstopferung des Christus oder von menschlichen Fleisch- und Blutopfern wie etwa beim Sonnentanz nordamerikanischer Ureinwohner.
Die „Hexenverbrennung“ wird hier zu einem Befreiungsakt, zur Freisetzung des ewigen Funkens aus einem beengenden Bild, aus einer überlebten Form.

Am Ende malt der Schwarze Mann den Besuchern einen schwarzen Kohlepunkt auf die Stirn. Die Asche bzw. Kohle, der Rest der verbrannten Hexe, als Zeichen von Transformation auf die Stirn, den Punkt des dritten Auges, der Wahrnehmungsstelle für nicht materielle Wirklichkeiten. Der Geist der verbrannten Hexe öffnet neue Dimensionen.

 
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