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Barbara Buttinger-Förster

Mythen und Symbole als Bildinhalte

Eröffnungsrede zur Vernissage "Frau und Tier"
2005, Bildungsghaus Zell/Pram
Text: Herbert Friedl

Es werden wieder Märchen erzählt, deutungsreiche Symbole beherrschen schon lange wieder die Bühne, und die Mythen erfreuen sich größter Beliebtheit in Literatur und Bildender Kunst unserer Tage. Was die Literatur betrifft, denke ich etwa an Peter Handkes "Über die Dörfer", an Umberto Ecos "Der Name der Rose" oder "Die Insel des vorigen Tages" und an J. Tolkiens "Der Herr der Ringe". Die Kunstkritik diskutiert über die rätselhaften Bilder der Italiener Alessandro Chia, Francesco Clemente, Enzo Cucchi oder die des Griechen Jannis Kounellis, aber auch die Bilder von Anselm Kiefer u.a. … . Da sind Fragen wie diese unausweichlich: Haben unsere Religionen ihre Mythen verloren? Müssen diese jetzt ersatzweise von der Kunst geliefert werden? Oder schafft sich die Kunst in den Mythen ihre eigene Religion? Können denn Mythen subjektiv aufgearbeitet werden?
Diese Fragen beschäftigen Künstler, Kunsthistoriker, Philosophen und Theologen seit Jahren.

Barbara Buttinger-Förster liefert auf ihre Weise einen Beitrag zu dieser Diskussion. Bildnerische Arbeiten von ihr kenne ich seit 15 Jahren. Etwa gleich lang kennen wir uns persönlich. Und es gibt Berührungspunkte in unseren Interessen, die weit darüber hinausweisen und direkt zum Thema dieser Ausstellung führen. Es sind dies die Kulturen und Mythen der Naturvölker, vor allem der Indianer. Diese sehen sich selbst als Teil der Natur und leben daher mit ihr und nicht gegen sie. Sie leben mit ihren Ahnen, mit den Tieren, mit den Naturgewalten und Gestirnen.
Will man die Beziehung zu den eigenen Urinstinkten vertiefen oder wieder finden, so kann einen das dazu bringen, aufzubrechen und sich auf Indigene vor Ort einzulassen – wie es Barbara Buttinger-Förster getan hat.
Vor gut zehn Jahren habe ich das Buch "Die Wolfsfrau" von Pinokla Estes gelesen. Sie ist der Überzeugung, dass eine Frau nur stark, gesund, kreativ und heil sei, wenn sie zu den Wurzeln ihrer instinktiven Natur zurückfindet – zur "Wolfsfrau", der ungezähmten Urkraft in sich selbst. Nur wenn sie die anerzogene Angepasstheit, Gehorchen, Unterordnung und Mundtot-Sein aufgibt, kann sie aufwachen und "sehend" werden.
Um Zugang zu den verschütteten Energiequellen ihres Unbewussten, Unterdrückten, Verdrängten zu bekommen, muss die Frau sozusagen archäologisch tätig werden. Dies kann sie mit Erfolg tun, indem sie sich mit Mythen, Märchen, Geschichten und Legenden – von denen es viele in abgewandelten Formen auf dem ganzen Erdball gibt – beschäftigt. Es ist in ihnen auf verschlüsselte Weise das Wissen über die wilde, archetypische Frau enthalten. "Erzählungen sind Medizin", sagt die Autorin.
In der archetypischen Psychologie ist die "Wilde Frau" ein Symbol für die weibliche Seele schlechthin, und mit dieser Einordnung stimmen auch die Märchen, Mythen und Sagen dieser Welt überein.

Barbara Buttinger-Förster spürt diesen Mythen seit langem nach. Sie ist gleichsam forschend mit Pinsel und Farbe unterwegs, um ihre Erfahrungen zu thematisieren. Sie setzt dazu elementare bildnerische Materialien und Mittel ein wie Papier, Leinwand, Farbe, Fläche und Linie und begibt sich damit ins Reich der Träume. Der Traum wird ja von vielen alten Völkern als DAS lebensgestaltende Element verstanden. Es heißt nicht zuletzt: "Träume sind Nahrung für die Seele". Barbara Buttinger-Förster hat sich von Jugend an mit ihren Träumen beschäftigt, sie niedergeschrieben und begonnen, sich in der Traumwelt zurechtzufinden. In dieser Welt kommt es immer wieder zu Begegnungen mit Tieren. "Diese Träume", sagt sie, "sind Begegnungen jenseits von Zeit und Raum". In den alten Geschichten vieler Völker wird über Verwandlungen von Tieren und Menschen berichtet, von der Verschmelzung der beiden und von Liebesbeziehungen zwischen Mensch und Tier. Die meisten indigenen Völker sehen in den Tieren unsere älteren Brüder, die in der Evolutionsgeschichte vor uns zu reihen sind und deshalb unsere Lehrer, Helfer und Fürsprecher sind.
Eine zentrale Figur in vielen Mythen ist die Große Mutter, und einer ihrer wichtigen Aspekte ist jener der "Herrin der Tiere". Als solche wird sie zumeist zwischen zwei Tieren derselben Art dargestellt, oft zwischen Raubkatzen. Sie ist also nicht nur Herrin über den Vegetationszyklus, sondern auch über das Reich der Tiere mit seinen vielfältigen, von Menschen benötigten und verehrten Kräften. Die Frau wurde häufig in Höhlen und immer in diesem friedlichen Miteinander mit Tieren, auch den Raubtieren, dargestellt.
Aus diesem Wissen und diesen Erfahrungen hat Barbara Buttinger-Förster ihre Bildwelt wachsen lassen. Eine Traumwelt, bevölkert von einer Mischung archetypischer Wesen, einer Ökumene von Mensch bzw. Frau und Tier - gemalt mit spürbarer Leidenschaftlichkeit und mitunter ungestümer Gestik und Farbigkeit. Dabei beschränkt sie uns durch ihre inhaltliche uns formale Gestaltung im Erleben ihrer Bilder keineswegs. Im Gegenteil, sie ermuntert uns, sich auf einen Weg zu begeben, bei dem Phantasie und Sinnlichkeit gefordert sind, und der uns in unbekanntes Neuland führt und vielleicht auch ein wenig näher zu unserem wahren Selbst.
Denn: "Wissen allein genügt nicht; wir brauchen den Mythos".

 
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